Montag, 28. März 2011

Motive

oder
wie ich dazu komme, zum 'Gebet der Erde' einzuladen


Vor einigen Jahren stieg ein Bild in mir auf: Ich sehe mich mit einer Gruppe von Leuten am Uferweg des Flusses gehen. Wir plaudern und reden über das was uns wichtig ist, über unser Suchen und Finden. Dann gehen wir in die Au hinein und beten gemeinsam. Die Verbindung zum großen Ganzen wird spürbar und sichtbar. Am Heimweg sehe ich in frohe Gesichter.

Süßlicher Geruch aus der nahen Fabrik strömt mir entgegen, wenn ich morgens aus dem Haus trete. In meinem Kopf höre ich gleichzeitig den Chor unserer Kultur, der in vielen Variationen immer wieder das selbe Lied singt: 'Macht euch die Erde untertan'.
Ich spüre, dass diese beiden Erfahrungen nicht zusammenpassen. Mehr und mehr entscheide ich mich jene Ort zu meiden, an denen dieser krankmachende Gesang erklingt. Ich will ihn nicht mehr hören.

Ich halte Ausschau nach anderen, heilsameren Botschaften und entdecke sie bei den Urvölkern. Dort höre oder lese ich Sätze wie: 'Wir alle sind ein Teil dieser Erde und sie ist unsere Mutter.' oder 'Nimm nur so viel du brauchst!' oder 'Verlasse Plätze schöner als du sie vorgefunden hast.!' Ab nun orientiere ich mich mehr und mehr an solchen Botschaften des Heils (Ganzheit) und der Verbundenheit - und ich lebe nach dem Motto 'von Urvölkern lernen'.

In einem Arbeitskreis höre ich über die Grundlagen unseres Wirtschaftssystems: Die Natur ist der erste und wichtigste Produktionsfaktor, weitere sind Arbeit und Kapital.
Jetzt ist mir alles klar. Die Natur wird hier nicht als etwas Heiliges betrachtet, zu dem wir alle dazugehören, nein, sie wird gesehen als ein Ding aus dem man Profit erwirtschaften kann. Ich entscheide mich, auch diesen Stimmen nicht mehr zu vertrauen.

In der Not meiner eigenen Krankheiten suchte ich auch immer wieder Trost und auch eine Botschaft in der Natur. Und was entdeckte ich da? Ich sah einen Urwald, also einen Wald der ohne das gestaltende Zutun des Menschen wächst, und ich sah keinen einzigen geraden unverletzten Baum. Alle haben sie Schrammen, sind beeinträchtigt, haben dürre Äste, usw. - Wow! Was für eine Botschaft? Sieht so das normale, gesunde Leben aus? Ich finde es enorm erleichternd diesen überhöhten Anspruch nach Gesundheit, angesichts so eines Urwaldes, loslassen zu können.

Ich gehe mit einem depressiven Klienten eine Weile entlang dem Fluss. Ich bemerke wie ihm das gut tut. Es reift in mir der Wunsch nach einfachen und regelmäßigen Möglichkeiten, wo Klienten aus meiner psychotherapeutischen Praxis oder der Männerberatung sich einfach und unkompliziert den heilsamen Kräften der Natur und der Gemeinschaft anschließen können: den erfrischenden Wind oder die wärmenden Strahlen der Frühlingssonne auf der Haut zu spüren, Kontakte knüpfen, die Verbindung zum großen Geheimnis pflegen.

Meine ehemalige Freundin zeigte mir, wie es ist in einer Baumkrone zu sitzen und dem Rascheln der Blätter zu lauschen. Sie lehrte mich verschiedene Namen von Heilkräutern und anderen interessanten Pflanzen – und sie half mir still zu sein und nur wahrzunehmen, was da alles passiert am Ufer des Flusses.

Ich gehe hinaus in die Natur, am liebsten in die Au, dort ist es noch so schön wild und ungeordnet. Ich höre, sehe und spüre. Ich staune. Und dann weiß ich, dass ich wirklich ein Teil dieses großen und heiligen Prozesses bin, den wir Leben nennen. Diese Erfahrungen möchte ich nicht mehr nur alleine machen sondern auch gemeinsam mit anderen Menschen erleben.
Anton S. - 21. Feb, 16:56

Große Sehnsucht

In deinem Beitrag 'Motive' kommt eine große Sehnsucht zum Ausdruck. Ich kenne von mir auch dieses Spannungsfeld zwischen Fortschritt, Wirtschaft, … und Ökologie, Genügsamkeit, Einfachheit. Die Wachstumsspirale ist tödlich für unseren Planeten und für uns selber. „Ich will ihn nicht mehr hören“, „auch diesen Stimmen nicht mehr vertrauen“ lese ich in diesem Text.

Was mein Beitrag zum Erhalt der Schöpfung ist, mache ich gerne. Es ist wie zu einer Routine. Gelegentlich zweifle ich über den Nutzen, das Resultat. Ich fühle mich dann hilflos, und ich komme in eine seltsame Stimmung hinein, wo mir alles egal ist. Ich muss dann aufhören mit dem Vergleichen, auf der Vernunftebene komme ich dann nicht mehr weiter. Meine Gesinnung, meine Stellung zählt, und das Wissen, dass ich nicht alleine bin, wenn es um die Achtsamtkeit geht, unterstützt mich.

Wie können wir von dem Konsum- und Fortschrittswahn wegkommen? Welche konkreten Schritte kann ich, können wir gemeinsam machen? Noch zusätzlich zu dem, was ich schon mache: mit Wasser, Energie sparsam umgehen. Recycling, usw.

Paul Lanners, Luxembourg

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